Nur schnell mal hinüber
ins Alters- und Pflegeheim,
wenn ich schon in der Gegend bin,
dann schau ich doch mal rein.
Am Eingang ist ein Schlagbaum,
doch der ist meistens auf,
den Wagen stell ich einfach auf den
Schwesternparkplatz rauf.
Wer hier erst mal gelandet ist,
für den ist alles aus,
aus Block F vier, dort linkerhand,
kommt grad ein Rollstuhl raus.
Ich geh in Block D achtzehn,
und irre übern Flur,
da sitzen ein paar Alte,
doch von Leben keine Spur.
Ich suche Zimmer neunzehn
und bin erst bei Zimmer vier,
da öffnet sich daneben grad,
in Nummer fünf die Tür:
ein Greis kommt raus, schon kindisch,
ich schau in drei Mal an,
den kenn ich doch, das war doch
mal, vor vielen, vielen Jahr`n.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.
Ich grüß ihn und erzähle,
doch er erkennt mich nicht,
sein Hemd guckt raus und er hat
lauter Stoppeln im Gesicht.
Da spreche in von früher,
von seinem Strohdachhaus,
er schaut mit großen Augen,
und er zieht die Stirne kraus.
Es dämmert ihm, er lächelt
und fängt dann selber an,
vom Garten und vom Schäferhund,
er zieht mich zu sich ran.
Auch wenn er wohl nicht weiß,
dass ich der Nachbarsjunge war,
erzählt er leis und hilflos
und streicht mir übers Haar.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.
Er spricht von seinen Blumen
und von der Bienenzucht,
vom Krieg und der Verletzung
und dem Grauen auf der Flucht.
Die Stimme wird jetzt leiser,
er kämpft um jedes Wort
und wischt ganz unbeholfen
mit der Hand die Tränen fort.
Ich denke, wie er früher war,
noch drahtig und gesund,
da schrie und kommandierte er
im Garten seinen Hund.
Ist Leben nur Erinnerung,
ist alles nur ein Traum,
was bleibt von seinen Bienen
und von dem Birnenbaum.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.
Das ist der Mann von nebenan,
es darf nicht sein und ist doch wahr.
Das ist der Mann von nebenan,
der früher so dynamisch war.